Dienstag, 20. Dezember 2005

Die Legende von Joka

Unten, hinter des Tischbeins Ecke,
lebte eine kleine Zecke,
Joka war ihr Name,
unter Zecken schien sie als feine Dame.

Nun fragt man sich, warum die Zecke
nicht lebt wie andere in der Hecke ?
Nun, die Antwort ist nicht allzu lang,
drum fang ich ganz von vorne an.

Früher lebte Joka auch wie die andern in 'nem Strauch,
draußen vor dem Hofe von Madame und Monsieur Pove.
In einer lauen Sommernacht, als Joka nur nach Ruhe tracht',
kam es vor, dass Monsieur Pove mit dem Besen sauber macht.

Nun fegt er meist über Wege mit den Steinen, am Gehege;
dummerweise so leise, dass die Zecke in der Hecke,
die eng am Wege sich versteckte, plötzlich erschrak,
als der Besen ohne Wesen begann vorbeizupesen.

Schwupps - fand sie sich wieder in des Besens feine Glieder,
fegte mit 'nem Affenzahn über diese Stein-o-Bahn.
In dem Wust aus Staub und Dreck rang Joka ganz verschreckt
nach Atemluft, die war sehr rar, sonst fand sie es wunderbar.

Platsch - war Wasser überall, und das mit 'nem lauten Knall,
landet sie mit blauen Knochen in der Pfütze, nichts gebrochen.
Doch was umso schlimmer war:
Sie ging unter mit Haut und Haar.

Unter Wasser, wie man weiß, hat die Luft sehr groß'n Preis.
Es fühlte Joka sich so schnell wie auf einem Karussell.
Auf dem Grunde angekommen, fühlte sie sich stark benommen.
Wie nur sollte sie entkommen ?

Als alle Sinne schienen fort, kam von einem höhern Ort
etwas Langes, das war klar, was wohl ihre Rettung war.
So zog sie sich mit letzter Kraft noch nach oben; war geschafft,
als sie sah, es war ein Tier recht sonderbar:

"Angenehm, ich heiße Glurm", wie man erkannte, war er Wurm,
der sie gerettet hatte mit 'nem Seil an 'ner Latte.
"Darf ich Sie, verehrte Dame, tragen unter meinem Arme,
in die warme Stube rein ? Dort ist warmer Kerzenschein."

Joka war recht angetan, hatte sie doch keinen Plan,
wohin nach der kalten Dusche. Sie war ja naß bis auf die Pusche.
So nahm sie seine Hand, war dieser Holzwurm doch bekannt,
und freute - sich über diese lieblich' Beute.

Nun ging es durch ein Loch der Mauern
in das Haus vom alten Bauern.
Vor dem großen Eichentische sagte Glurm mit viel Gezische:
"Wir sind schon da!"- Oh, sie fand es wunderbar.

"Hier wohnst du am warmen Ofen, wo Monsieurs so häufig pofen?"
"Ja, hier unten in der Ecke, meine kleine süße Zecke.
In dem Loche dort am Bein. Für zwei ist es dort nie zu klein."
"Oh wie fein!" sagte Jokalein.

Hier es besser ihr gefiel, besser als an Strauches Stiel,
so gut, dass sie so lang blieb, bis man sie von hier vertrieb.
Doch Glurm, der Wurm, dacht nicht ans Vertreiben:
"Sie soll ruhig bleiben und für mich kochen,
ich bin doch nur noch Haut und Knochen."

So geschah es, dass ein Holzwurm und ne Zecke,
lebten nun in dieser Ecke, am Fuße des Tisches für 'ne Zeit.
Nun war es nicht die Ewigkeit; denn leider entflammte,
den Holztisch eine alte Bekannte namens Bichte.
Doch das ist eine andere Geschichte.

Auf Messers Schneide...

In meiner neuen Rubrik "Filmrezensionen" werde ich in Zukunft eine Auswahl an Filmen vorstellen, die mich sehr stark geprägt oder ergriffen haben.
Beginnen möchte ich mit dem Science-Fiction Film "Blade Runner" von Ridley Scott.

blade_runner

Wir schreiben das Jahr 2019. Die Großstadt Los Angeles ist zu einem verdunkelten, smogverhangenen, mystisch schaurigen Ort geworden, an dem ein permanenter saurer Regen fällt. Die Stadt ist schmutzig, überbevölkert und die Menschen sind permanenter Werbung ausgesetzt. Mächtige Konzerne wie die Tyrell Corporation sind die eigentlichen Beherrscher dieser Welt. Die Tiere sind fast ausgestorben und nur als teure, künstliche Wesen zu erhalten. Ein besseres Leben auf fernen Planeten wird versprochen, Welten, die durch so genannte Replikanten erschlossen worden sind. Da diese Androiden von Menschen äußerlich nicht mehr zu unterscheiden sind, jedoch über weit größere Kräfte bzw. Fähigkeiten verfügen als normale Menschen und im Laufe der Zeit eigene Gefühle und Ambitionen entwickeln, hat man ihnen eine Lebensdauer von nur vier Jahren eingebaut. Erinnerungen an eine real nicht existierende eigene Vergangenheit werden den Replikanten künstlich "einprogrammiert", wodurch ihre geistige Gesundheit sichergestellt werden soll. Den Replikanten ist es unter Androhung der Todesstrafe verboten, die Erde zu betreten. Für die Durchsetzung dieses Verbotes, also die Aufspürung und Exekution von Replikanten, die doch auf die Erde gelangen, sind spezielle Polizeibeamte, die Blade Runner, verantwortlich. Als einige Replikanten der weit entwickelten Serie Nexus-6 ein Shuttle kapern, Menschen töten und auf die Erde fliehen, wird der Ex-Cop Rick Deckard (Harrison Ford), ein Blade Runner, eingeschaltet. Im Verlauf seiner Ermittlungen verliebt er sich in die von der Tyrell-Corporation hergestellte Replikantin Rachel. Durch seine Gefühle für sie entstehen in Deckard erste Zweifel an der Richtigkeit seines Jobs. Wieviel Zeit ihnen bleibt, wissen die beiden nicht.

Obwohl der Film kurz nach seinem Erscheinen im Jahre 1982 an den Kinokassen floppte (u.a. bedingt durch das Erscheinen von E.T. im selben Jahr), erlangte er über die Jahre zunehmend an Bedeutung für Filmfans, -kritiker und Filmemacher. Trotz seiner Science Fiction Thematik ist "Blade Runner" ein typischer Vertreter der alten Film-Noir Filme. Er gilt bis heute als Vorbild (in technischer als auch in thematischer Hinsicht) für viele andere Science Fiction Geschichten, wie "The Matrix". Der Großteil des Publikums schätzt inzwischen die vielschichtigen Deutungsmöglichkeiten der Figuren und die durch den Zukunftspessimismus der 1980er Jahre geprägte realistische Vision einer kalten und dunklen urbanen Welt. Der Film gilt als atmosphärisch und visuell prägend für die später ebenfalls in den 1980er Jahren entstandene Literaturrichtung Cyberpunk.

deckard1

"Do Androids Dream of Electric Sheep?" - dies ist die philosophische Frage, die Philip K. Dick im Titel seines Romans, der die Vorlage zu "Blade Runner" lieferte, formuliert und der der Film nachzugehen versucht. Die anfänglich klaren Trennlinien zwischen Mensch und technisch perfektem Humanoiden verwischen sich, gehen schließlich ganz verloren. Es geht also um die Frage des Wirklichkeitsbegriffs. Können wir unserer Wahrnehmung trauen oder ist letztlich doch nur alles, woran wir uns erinnern, eine (künstlich?) geschaffene Illusion? Die Androiden mit der begrenzten Lebensspanne von 4 Jahren, die zu ihrem Schöpfer, dem Chef des allmächtigen Replikantenkonzerns Tyrell Corporation, zurückkehren, um von ihm mehr Leben einzufordern, stehen nicht nur für den Aufstand der unterdrückten Klasse gegen ihren Herrscher, sondern sind gleichzeitig eine Metapher für die Sinnsuche des Menschen und seine vergebliche Suche nach ewigem irdischen Leben. Am Ende, als der Blade Runner (Harrison Ford) mit der höchstentwickelten Replikantin flieht, anstatt sie seinem Beruf entsprechend zu exekutieren, heißt es: "Zu schade, dass sie nicht leben wird - aber wer tut das schon?" - diese offene Frage, die die Grundaussage des Films nochmals prägnant formuliert, bleibt unbeantwortet.

Roy

Meinung:

Dieser Film strotzt nur so vor unglaublich authentischer Atmosphäre. In keinem anderen Film kommt meiner Ansicht nach die düsterne Zukunftsperspektive einer Großstadt (unserer Welt) realistischer zum Ausdruck, als in diesem. Selbstverständlich tragen die sauber gezeichneten Charaktere sehr dazu bei. Harrison Ford tritt als zunächst scheinbar aufgeklärter "Blade Runner" auf, verliert im Laufe des Films seinen Sinn für die wirkliche Realität und wirkt zunehmend angeschlagen und bemitleidenswert. Rudger Hauer erscheint als gestandener Replikant "Roy", der beweist, dass seine "Rasse" mehr ist als eine bloße Maschine. Letztendlich trägt der einmalige Soundtrack von Vangelis maßgeblich dazu bei, dass man sich gedanklich immer wieder in dieser möglichen Zukunft verliert. Ich könnte hier noch Stunden weitererzählen, aber ihr solltet den Film selbst gesehen haben, denn Bilder und Töne sagen mehr als Worte...

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